Baumhöhlen

Wie in einer Baumhöhle

Bergung eines Wildbienenschwarms

Hinter einem Fensterladen im Pfadfinderhaus in Küsnacht ZH hatte sich ein Bienenschwarm eingenistet. Mein Enkel, ein Pfadiführer, fragte mich an, ob ich den Schwarm umlogieren könnte. Sie planten nämlich im Pfadfinderhaus ein grosses Fest mit 200 Personen und der Schwarm müsse deshalb unbedingt weg.

So etwas hatte ich noch nie gemacht, die Aufgabe reizte mich deshalb ungemein. Gut ausgerüstet starteten wir das Unternehmen an einem Sommerabend im August.  Nachdem ich einen Augenschein auf die ganze Situation und die Grösse des Schwarmes genommen hatte, konnte ich aber nur resignieren: Dem, was sich mir bot, war ich nicht gewachsen. So zogen wir unverrichteter Dinge wieder ab.

 Der Schwarm liess mir aber keine Ruhe und ich erdachte mir eine neue Strategie zur Bergung dieser vielen Bienen. Zunächst musste ich aber ein zweizargiges Magazin zum Einlogieren kaufen.  Dann nahm ich den astrologischen Kalender zu Hilfe und legte den 23. August (zehn Tage später) als den richtigen Bergungstag fest. Was mir aufgefallen war und ich dem leider keine Rechnung trug war, dass das Bienenvolk in der Zwischenzeit vom ersten zum zweiten Aufsuchen geschrumpft war.

Zweiter Anlauf

Diesmal waren wir schon um 7.15 Uhr vor Ort, der Bienenflug hatte noch nicht begonnen. Dann folgten wir genau dem festgelegten Plan. Smoker, Wasserflasche und alle nötigen Utensilien wurden auf einem grossen Tisch ausgebreitet. Anschliessend wurde das Nest seitlich verkleinert, dort befanden sich lediglich weisse, leere Waben. Nun stülpte ich einen Jutesack mit einer Bretteinlage von unten über die verbliebenen Waben. Unter den Jutesack schoben wir ein Hartschaumkissen zum Abpolstern, denn das Wachsnest durfte nicht hineinfallen, sondern sollte sich auf dem Bodenbrett abstützen. Mit einem Draht, versehen mit Halterungsringen an jedem Ende, konnte jetzt der ganze Bienenwabenbau mühelos abgeschnitten und der Jutesack mit dem angebrachten Fixierband zugebunden werden.  Zu meiner Überraschung war der Sack mit dem ganzen Bienenansitz gar nicht schwer. Dies bestätigte, dass das Volk praktisch über keine Futterreserven verfügte. Es wäre im kommenden Winter zweifellos verhungert.

Den verschnürten Sack samt Volk packten wir in ein bereit gestelltes Magazin, welches sich in einer bündigen Versandkartonschachtel verbarg. Der Karton wurde mit Klebeband fest verschlossen, denn wir wollten im Auto sicher vor entschlüpften Bienen sein. Dieses Magazin im Karton legten wir auf ein Tuch, damit wir es zu zweit gut in das Auto transportieren und später auch zum Stand bringen konnten. Um das Magazin hatten wir ein Seil gelegt, damit es an meinem Stand auch mühelos wieder herausgehoben werden konnte. Die vorher abgeschnittenen Waben wurden in eine Kartonbienenbeute zwischen Wabenrahmen und Mittelwänden eingelegt. Abgefegte Bienen vom Fensterladen, Fenstersims und der Mauer kamen in eine Schwarmkiste.

Erfolgreiches Umlogieren

Da wir unsere Vorgehensweise gut durchgesprochen und vorbereitet hatten, verlief die Volksrettung reibungslos. Das Schöne war, dass das Volk geborgen war und niemand gestochen wurde. Die Bienen waren gar nicht angriffslustig, obwohl wir von ihnen umschwärmt wurden.

Das Einlogieren ging auch gut vonstatten. Das Magazin wurde am Seil herausgehievt und in Position gebracht. Die Flugschneise, ein neues Modell von mir erdacht und „Odilienpforte“ genannt, wurde über der ersten Beute (Brutraum) installiert. Darüber kam ein Königinnenabsperrgitter (diesmal nicht, um die Königin fernzuhalten, sondern um zu verhindern, dass die losen Waben ohne Boden auf den unten einlogierten Bienensitz fielen). Die mit den Waben und Bienen aus der Schwarmfangkiste und der Kartonbienenbeute bestückte zweite Zarge wurde darüber aufgesetzt. Ein adäquater Deckel schloss die neue Behausung. Nachdem sich das Volk am nächsten Tag eingelebt hatte, wurde es aufgefüttert.

Der Zeitaufwand für die Bergung dauerte eine Stunde und zehn Minuten. Mit der Vorbereitung, dem Einlogieren und der Autofahrt  kamen wir auf gesamthaft drei Stunden. Warten wir ab, wie sich das Volk im Sack und auf seinem ursprünglichen Wabenbau entwickeln wird.

 Fünf Wochen später (ich hatte wohl zulange damit zugewartet) nahm ich einen Augenschein auf das Schwarmvolk. Zu meiner Ueberraschung stellte ich mit Freuden fest, das Volk hatte den Sack verlassen und war in die obere Beute eingezogen. Die zurückgelassenen Waben beherbergten noch ein kleines Grüppchen Bienen. Zu meinem Aergernis waren auch schon Wachsmotten am Werk.(Das ist typisch bei einem Waldvolk, das schon durch fehlende Brut gekennzeichnet ist.) Aber dem Volk ging es gut und im Wildbau war etwas Brut auszumachen.(Die sich später als Drohnenbrut herausstellte!)

Der Leser erinnert sich vielleicht noch, ich hatte die abgeschnittenen Waben jeweils zwischen den Mittelwänden eingelegt. So ging nichts verloren. Nun sind die Waben zusammengebaut und mit Futter gefüllt worden.

Das Volk war leider bei der Dezemberkontrolle drohnenbrütig geworden, die Temperaturen erlaubten diesen Eingriff, sodass ich das Restvolk auflösen musste. Eine Schwarmmutter ist wie bekannt meistens die alte Königin, die keine befruchteten Eier mehr gespeichert hat. Da sieht man nur, wie wichtig es ist, Jungköniginnen zu züchten.

Was hätte man anders machen können?  Heute würde ich das Volk bergen und am Stand abfegen, es hatte bei mir auf diese Weise und vor Ort im Pfadihaus keine Chance auf ein Überleben. Das leichte Gewicht des ganzen Wabenbaus hätte mich hellhörend werden lassen!  Dennoch Schuld war die alte Königin, die kein Wintervolk mehr aufbauen konnte.

 

Blick auf die Waben

Ansicht von der Rückseite durch die Scheibe

Eingang zum Stock hinter dem Fensterladen

Bienenstock in einer Fensterhöhle

Ein Teil wurde vom Bau entfernt.

im grossen, dicken, gesunden Birnenbaum eine derzeit unbewohnte Baumhöhle

Was der Imker wissen sollte

Baumhöhlen und wie sie entstanden sind.

Einst, ehe die Bienen domestiziert wurden, waren Bienen auf Höhlen angewiesen und bevorzugten Baumhöhlen.

Hat der Imker sich schon einmal gefragt, wie diese Baumhöhlen überhaupt entstanden sind? Der Förster Peter Wohlleben bringt Licht ins Dunkel mit seinem Buch <das geheime Leben der Bäume> im Kapitel Sozialer Wohnungsbau.

Es ist nicht der abgestorbene Baum, der durch Vermorschung ausgehöhlt wird, sondern es sind kerngesunde Bäume, die für eine geeignete Spechthöhle herhalten müssen.

Der Specht sucht sich immer dicke Bäume aus, die schon ein hohes Alter haben. Hier bohrt und hackt er ein Loch durch die dickwandige Rinde, bis er durchs Periost ins Holz vorgedrungen ist. Er wäre überfordert, eine komplette Höhle in gesundes Holz zu hacken und lässt darum Pilze für sich arbeiten. Die Pilzsporen, die überall in der Luft schweben, haben nur auf eine solche Gelegenheit gewartet, sie dringen ein, bilden Myzele und zersetzen das Holzgewebe. Der Specht hat im nächsten Jahr ein Leichtes, das kranke mürbe Holz in Spänen herauszuhacken. Selbst wenn der Baum versucht hat, das Loch zu verschliessen, kann der Specht das zarte Jungholz wieder aufhacken. Eines Tages ist es dann so weit, dass er sein Nest beziehen kann. Er verfährt so mit mehreren Höhlen gleichzeitig, denn in einer Höhle schläft er, in der anderen wird gebrütet: Der Specht liebt den Tapetenwechsel. Jedes Jahr werden die Höhlen aufgefrischt, denn der Pilz ist nicht zu stoppen, er frisst sich weiter in die Tiefe und verwandelt das Holz in feuchten Mulm. So wird die Höhle immer grösser und ist schlussendlich zu tief, sodass die jungen Spechte zur Fütterung nicht mehr hinauf ans Loch gelangen würden.  Dann wird die Höhle von Eichhörnchen oder Fledermäusen genutzt. Ist das Einflugloch gross genug, kann auch schon einmal ein Uhu Besitz von der Höhle nehmen.  Da der Pilz einmal Fuss gefasst hat, schreitet die Aushöhlung des Baumes stets weiter, unterstützt von Holzameisen, die mit Holzfasern ihr Nest bauen. Den Honigtau, den sie von den Blattläusen aus dem Nadel- und Blattwerk sammeln, brauchen sie auch zum Auskitten ihrer Gänge und bieten so dem Pilz neue Nahrung.  Auch zahllose Käferarten wissen den Mulch für sich zu nutzen und bleiben ortsansässig.  Der Kot der Fledermäuse und Eulen fällt in die Tiefe und der Mulm wird so mit Nährstoff angereichert. Davon leben wieder andere Insekten. Ein wahres Ökosystem gräbt sich immer weiter in die Tiefe. Der Baum kann dem allen bis zu 100 Jahren Stand halten, nur ein Sturm bringt ihn dann zum Umfallen.

Bei all dieser Konkurrenz um die Höhle gelang es auch der Biene, von der Höhle Gebrauch zu machen. Eine Baumhöhle war sicher einer Felshöhle vorzuziehen. Da es früher riesige Waldgebiete gab, werden die Bienen keine Wohnungsnot gekannt haben.

Was aber ist der Vorteil einer Baumhöhle für Bienen? Alte Bäume haben eine dicke, isolierende Rinde, die es ermöglicht, die Temperatur stets auf dem adäquaten Stand, ohne grosse Anstrengungen, zu halten. Da die kalte Luft fällt, kann sie bei Bedarf am Eingang hineingefächelt werden, sodass die Luftzirkulation mit aufsteigender Warmluft in Gang kommt. Eine Baumhöhle ist rundum abgeschlossen und nur die Eingangspforte muss bewacht werden. Holz leitet Klopfgeräusche ausgezeichnet, das beweisen unsere Musikinstrumente, die aus Holz gebaut sind. Wenn ein Bär oder Marder sich am Stamm zu schaffen macht, können die Bienen die Geräusche wahrnehmen und sich gleich in Alarmbereitschaft begeben. Auch ein Raub des Honigs ist durch die kleine Öffnung  nicht so einfach zu bewerkstelligen.

Der Bücherskorpion, der mit der Biene in Symbiose lebt, findet zu seiner Entfaltung in den Holz -und Rindenritzen eine optimale Möglichkeit sich zu vermehren (Spaltenbewohner), aber auch gute Nahrungsbedingungen, indem er den Bienen die Parasiten, dazu gehört auch die Wachsmotte, abliest und frisst. Ferner tummeln sich im Gemüll, das sich in der Tiefe der Höhle ansammelt, viele Organismen, die ihm zur Nahrung dienen.

Der Baum vermag durch den Saftstrom vom Boden zur Krone hinauf ins Blätterdach und zurück die für die Bienen notwendigen Erdstrahlen weiter zu leiten und gleichbleibende Temperaturen im Innern zu halten. Ebenso bleibt die Luftfeuchte konstant und bildet keinen Schimmel, da die natürlichen Höhlenholzwände eine Schwammfunktion haben.

Schlussfolgerung:

Wenn man sich also den Urwohnungsbau der Bienen genau vergegenwärtigt, sollte man eigentlich zu dem Entschluss kommen,  dass unsere Beuten  zum Wohl der Bienen diesen Erkenntnissen angepasst werden sollten. Der Zugang zur Höhle befindet sich stets oben oder mittig zum Hohlraum, folglich könnten unsere Beuten ebenfalls von oben her den Zugang erhalten.  Es verlangt die Bienen nicht nach einer neuen Klotz- oder Kugelbeute, sondern man könnte sich überlegen, die vorhandenen Beuten anzupassen, zum Beispiel besser zu isolieren.( Siehe modifizierte Langstrothbeute unter Neuentwicklungen.)

Diese Baumhöhle wurde oder wird bereits rege bewohnt, man erkennt das an der braunen Spur.

So sieht der Bienenstock auch in der Höhle aus

In zwei Zargen wurde das Schwarmvolk einlogiert, unten der, oben die losen Waben und Mittelwände.

Das Volk hat den Sack verlassen und ist nach oben eingezogen. Wachsmotte macht sich bereit.

Nur diese Grüppchen Bienen fand ich noch vor, die zu den anderen gebracht wurden.

Auf dem Sackboden lagen diese toten Bienen und bereits Mottenmaden.

Hier lebt nun im Wildbau, aber mit kleiner Brut und Futter das Pfadischwarmvolk