Haselnuss

Wer kennt ihn nicht, den ersten fürs menschliche Auge auffälligen Frühlingsblüher, der den Bienen beim ersten Reinigungsflug schon gleich frischen Pollen anbietet, aber auch leider bei vielen Menschen die Pollenallergie hervorruft! Er leuchtet plötzlich überall an Bahnböschungen, Waldrändern, Gärten, Anlagen und Feldrändern. Immer erstaunt es mich aufs Neue, dass er überall präsent ist. Ich konnte aber bisher, sooft ich an milden Vorfrühlingstagen einen Haselnussstrauch scharf beobachtete, nie Bienen an den hängenden Blütenstaubkätzchen erkennen und war der Ansicht, dass es eine Imkermär ist, dass Bienen auf diesen Pollen angewiesen sind. Offenbar aber hat es zu viele Hasel, auf die sich die Bienen verteilen, weshalb sie darauf nicht zu entdecken sind.

Heuer wurde ich nämlich eines Besseren belehrt. Der Winter 2017/18 war ein merkwürdiger Winter. Der Januar gedieh zu einem der wärmsten Wintermonate, der je gemessen wurde, sodass schon überall der Hasel blühte. Dann kam der Februar mit eisiger Biese, Schnee und Frost. Alle Haselkätzchen sind dabei erfroren. Wie nun endlich im März einmal wieder mildere Temperaturen auftauchten und die Bienen nach sechs Wochen endlich fliegen konnten, war es in der Natur um Nahrungsangebote äusserst spärlich bestellt. Ich musste meine Völker auffüttern, weil sie mir sonst in ihrer Aufbauphase verhungert wären.

Nun erlebte ich aber doch so meine Überraschungen im Garten. Die vielen tot gemeinten Schneeglöckchen richteten sich wieder auf, auch andere diverse Frühboten berappelten sich. Zu meiner grossen Freude aber steht mein Japanischer Zierhasel, der immer verspätet blüht, wenn schon die ersten Fruchtbäume sich anbieten, plötzlich in voller Blütenpracht, gleich einem goldenen Regen. Andere Jahre habe ich immer nachgeschaut, ob sich je einmal eine Biene daran zeigen würde und bin immer enttäuscht worden. Aber diesmal hörte ich sogar die Bienen summen. so zahlreich haben sie sich auf den Busch eingeflogen. Vieles gab es da zu beobachten. Mit dem Bauch rutschten die Bienen flach in Eile auf den Blütenkätzchen herum, um möglichst viel Pollen im Bienenkleid zu sammeln. Mit dem Kopf gingen sie unter die Blütenschuppen, auch die Beine drangen zeitweilig in die Tiefen ein. Dann wurde wieder fleissig alles Aufgenommene abgestreift und an die Höschen gekittet. Bevorzug wurden auch die Spitzen der Kätzchen, sie waren oft noch nicht ganz offen und nun reich mit Pollen beladen, denn erst dann kann der Blütenstaub durch den Wind weitergetragen werden, wenn die Kätzchen die volle Länge erreicht haben und alle Schnüppchen offen sind.

Es waren so viele Bienen zugegen, dass sie oft nebeneinander absammelten. Schnell wuchsen die Pollenhöschen an und ich hatte meine helle Freude daran. Die scheinbare Imkermär war nun doch Wirklichkeit geworden. Die Bienen kamen dem säuselnden Föhnwind zuvor und verhinderten, dass der Pollen sich in alle Lüfte zerstäubte. Sie gingen effizient und eigennützig zu Werke. Wie sehr habe ich es ihnen nach dem langen Winter mit Freuden gegönnt!